Predigt für 24. Januar 2021 von Pfr. B.Kreile
Diese Predigt können Sie nachfolgend lesen, oder online hören!
Liebe Leser und Leserinnen!
Manche Wege sind uns ja gerade versperrt. Zumindest wenn man in den Städten Fürth, Nürnberg und Schwabach wohnt darf man sich zu Freizeitaktivitäten oder Besuchen höchstens 15 km vom Wohnort entfernen. Der Weg zur Arbeit oder zum Arzt ist zum Glück davon nicht betroffen. Aber auch sonst ist unser Bewegungsradius weniger geworden, denn die Gaststätten sind geschlossen, Museen und Kinos sind geschlossen; kann man kaum ins Ausland reisen. Das kann noch eine Weile so weitergehen. Aber wir hoffen ja, dass demnächst mal wieder mehr möglich ist und viele Wege offen stehen. Außerdem gibt es auch Wege im übertragenen Sinn, die wir gedanklich vollziehen; Gelegenheiten, die wir ergreifen usw.
Mir ist deshalb am Anfang dieses neue Jahres ein Wort aus Psalm 86 wichtig geworden: Weise mir Herr deinen Weg, dass ich wandle in deiner Wahrheit. Weise mir Herr deinen Weg. Wir müssen ja immer wieder entscheiden, wie es weiter gehen soll. Im Kirchenvorstand überlegen wir, ob oder wann wir Gottesdienste halten können. Das sind keine leichten Entscheidungen, was hier richtig oder unangebracht ist. Ich möchte in dieser Zeit auch kein Politiker sein, der entscheiden muss, ob Kitas geschlossen bleiben oder Schulen nur im Distanz Unterricht arbeiten. Und ich selber überlege auch viel genauer, ob ich mich auf den Weg mache und jemand anderes besuche. Doch abgesehen vom Pandemiegeschehen gibt es in unserem Leben sicher noch viele andere Entscheidungen, die wir zu treffen haben. Sollen wir uns beruflich verändern? Gehen wir unseren Weg mit jemand zusammen weiter oder trennen sich Wege? Gehen wir unseren eingeschlagenen Weg im Beruf oder im Verein auch dann weiter, wenn er steinig ist?
Bei all diesen Entscheidungen brauchen wir Orientierung und suchen wir Wegweiser. Und da möchte ich nicht nur die Meinung von Freunden oder Experten hören, sondern wie der Psalmbeter auch Gott fragen, welchen Weg ich einschlagen sollte. Nun kann ich zwar von Gott erwarten, dass er mir den Weg zeigt, aber wie kann ich Gottes Weisung erfahren?
Da kann es sein, dass jemand durch eine ganz plötzliche Erscheinung oder Inspiration seinem Leben eine neue Wendung gibt, so wie John Newton, dem Dichter des Liedes „Amazing grace“, der durch eine solche Erfahrung vom Sklavenhalter zum Sklavengegner geworden ist. Meistens ist es aber weniger spektakulär im Christenleben. Dennoch haben manche einen direkten Draht zu Gott und der funktioniert über das Gebet. Beten besteht ja nicht nur aus Bitte, Dank und Klage, die wir vor Gott ausbreiten, sondern Beten ist auch Hören. Es geht ja nicht nur darum Gott unsere Sorgen oder den Zustand der Welt vor die Füße zu werfen, sondern auch darum, in sich hinein zu horchen, ob unsere Worte Resonanz finden. Deshalb ist beim Beten auch die Stille wertvoll.
Mit dem Beten haben es aber nicht alle Christen so. Die Reformatoren haben deshalb immer auf das Wort, also das Wort der Heiligen Schrift, der Bibel verwiesen. Auch das gibt uns Orientierung, wenn wir uns die Zeit nehmen und damit beschäftigen. Schon die 10 Gebote sind eine gute Richtschnur. In den alttestamentlichen Patriarchen können wir Vorbilder des Glaubens sehen, wir können erkennen, wie Gott den Profeten konkrete Botschaften zum Zustand der Gesellschaft gegeben hat, und wir können sehen, was Paulus bei Problemen oder Konflikten in seinen Gemeinden empfiehlt. Von Pfarrer Martin Niemöller heißt es, er habe vor wichtigen Entscheidungen das ganze Neue Testament durchgelesen und dann recht genau gewusst, was Jesus zum Problem sagen würde. Diesen Aufwand kann doch nicht jeder oder jede leisten und trotz Bibel Kenntnis bleiben wir manchmal ratlos zurück. Und auch für sehr spezielle persönliche Probleme taugt dies nicht.
Doch ich glaube, dass Gott für uns noch andere Weg-weiser hat, durch die er uns erreichen kann. Das wichtigste ist für mich, dass wir vor allem immer wieder nach Gottes Willen fragen. Auch wenn wir auf unserem Weg ins Jahr 2021 ziemlich herumeiern und vorwärts stolpern, ist das Wichtigste, dass wir Gott nie aus dem Blick verlieren und versuchen den richtigen Weg zu finden. Das drückt auch die Fortsetzung der Bitte „Weise mir Herr deinen Weg“ aus. Was Martin Luther mit in der Wahrheit wandeln übersetzt heißt genauer wie in der NGÜ: Ich möchte in Treue zu dir mein Leben führen. Das ist jedenfalls ein guter Vorsatz für das Jahr, das noch vor uns liegt.
Pfarrer Berthold Kreile