Epiphanias: 6.1.2025
Liebe Gemeinde.
Für Kinder sind natürlich die Geschenke das wichtigste an Weihnachten, egal ob sie nun vom Christkind oder dem Weihnachtsmann gebracht werden. Immerhin lässt sich dieser Brauch sogar biblisch begründen. Denn das Schenken geht auf unsere Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland zurück, die für das Neugeborene und seine Familie Geschenke mitbringen: Gold Weihrauch und Myrrhe. Und aus der Dreizahl dieser Geschenke hat man erst geschlossen, dass es 3 Weise gewesen sein müssen, denn das ist im Text nirgends erwähnt und natürlich könnten es auch mehr oder weniger gewesen sein. Und schon immer waren auch die Geschenke selber sehr rätselhaft und Anlass zu vielen Deutungen und Spekulationen. Das Gold leuchtet dabei noch am meisten ein und hätte der jungen Familie sicher auch gut geholfen. Aber warum Weihrauch? Weihrauch ist ja das Harz bestimmter Bäume und wurde wohl oft für religiöse Zeremonien benutzt. Um den Gestank im Stall erträglicher zu machen, war er sicher nicht gedacht. Dafür war Weihrauch auch zu kostbar. Und was ist mit der Myrrhe? Auch das ist ja ein Pflanzenharz, was man aber weniger zum Räuchern verwendet hat, sondern eher als einen Bestandteil des Salböls genommen hat. Die Waisen könnten also daran gedacht haben, eine Königssalbung vorzunehmen. Wegen seiner desinfizierenden Wirkung zur Wundbehandlung halten manche Exegeten die Myrrhe für einen Hinweis auf die Passion und Tod Jesu. Und schließlich haben die Frauen zum Einbalsamieren des Leichnams ja auch Salböle mitgebracht. Danach wäre die Myrrhe ein vorausweisenden, zeichenhaftes Geschenk. Und viele Theologen haben in den Geschenken hauptsächlich eine übertragene Bedeutung gesehen. So hat auch Martin Luther die Geschenke gedeutet als Zeichen für Glaube, Liebe und Hoffnung, was mir doch recht weit hergeholt scheint. Da kann ich überhaupt keinen Zusammenhang sehen. Einig sind sich jedoch alle Ausleger, dass es sich um drei kostbare Geschenke handelt. Und sie bringen demnach für die Weisen gut zum Ausdruck, wie wertvoll ihnen das Kind in der Krippe ist.
Trotzdem scheinen die Geschenke seltsam und vor allem unpraktisch und sagen sie wenig darüber, was wir mit Jesu kommen verknüpfen dürfen. Da habe ich kürzlich eine neue Legende entdeckt, in der die Frauen der 3 Könige – obwohl in der Bibel gar nicht von Königen die Rede ist, sondern das hat sich erst in der kirchlichen Tradition entwickelt – in der jedenfalls diese Königinnen nicht untätig bleiben. Die Legende besagt: Es waren einmal 3 Königinnen. Die eine spann, die andere bereitete den Teig für das Brot und die dritte wob ein Tuch. „Ach“ sagte die Königin mit dem roten Hut „mir träumte heute Nacht, dass mein Mann der König, sein bestes Kamel sattelte und auf Reisen ging“.
„Ach“ sagte die kleine schmale mit dem Sternenkleid „ mir sagte mein Mann im Traum, er habe in einem alten Buch von einem König gelesen, der bald geboren würde und Frieden und Rettung und Heil brächte für die ganze Welt.“
„Und mir“ erwiderte die Königin mit dem goldenen Gewand „mir träumte, dass mein Mann sich aufmachen würde mit euren Männern, um einen Stern zu folgen.“
Am nächsten Tag machten sich die Könige tatsächlich auf den Weg. Der ein trug Gold mit sich, der andere Weihrauch und der dritte Myrrhe.
„Es muss ein besonderes Kind sein, das unsere Männer suchen“, sagten die Königinnen. „Wir wollen nicht untätig sein.
Als die Könige das Kind im Stall fanden, wuchs von dort ein Regenbogen zum Palast der Königinnen. Da wussten sie, dass das Kind geboren war und sagten: „Wir werden ein Fest vorbereiten.“
Und sie schmückten ihren Palast und kochten und backten und zündeten Lichter an. Dann hielten sie ihre Geschenke bereit für das Kind.
„Das Kind wird unsere Schmerzen tragen; dafür ist das Tuch. Es wird unseren Hunger stillen, dafür ist das Brot. Es wird uns den Weg zeigen, dafür ist der rote Faden“, sagten sie. Und sie deckten den Tisch, breiteten das Tuch aus und darauf das Brot und den Faden und zündeten die Lichter an. Zum Fest kamen viele Menschen in den Palast. „Es ist ein besondere Nacht“, sagten sie und freuten sich.
Für mich passen die 3 Geschenke der Frauen besser, weil sie das spätere Leben Jesu kennzeichnen und deuten. Vom Anfang seines Wirkens bis zum Ende spielt das Brot eine Rolle. Eine Geschichte, die sich heraushebt, ist sicher die bekannte Erzählung von der Speisung der 5000. Nachdem es spät geworden ist, wollte Jesus die Menschen nicht hungrig nach Hause schicken, aber es gab nur 5 Brote und 2 Fische. Trotzdem hat dies auf wunderbare Weise die Menschen satt gemacht. Vielleicht kam doch noch mehr zum Vorschein und wurde geteilt. Aber ich denke, die Menschen waren schon gesättigt von dem, was sie von Jesus gehört hatten. Wir brauchen neben dem Essen nämlich auch eine geistige Nahrung. Auch die kann satt machen.
Am Ende seines Lebens hat Jesus mit seinen Jüngern das Passahmahl gefeiert und ihnen aufgetragen, dieses Mahl immer wieder zu zelebrieren und dabei zu spüren, dass er darin greifbar wird. Somit wurde das Abendmahl zu einem wichtigen Bestandteil des Gottesdienstes. Natürlich ersetzt es nicht das Mittagessen, aber es ist auch eine geistige und geistliche Nahrung, die unseren Hunger nach Beachtung, nach Vergebung und Gemeinschaft stillt. Beim Essen geschieht ja mehr als die Nahrungsaufnahme. Deshalb ist ja auch für die meisten an Weihnachten das Essen von großer Bedeutung. Und da geht es auch nicht unbedingt nur um ein aufwändiges, leckeres und teures Essen, sondern dass eben alle am Tisch zusammenkommen, sich austauschen und es fröhlich zugeht. Das ist das Brot des Lebens – auch in einem Gottesdienst.
Das andere Geschenk ist das Tuch zum Zeichen, dass Jesus unsere Schmerzen trägt. Auch das zeigt sich im Leben Jesu vom Anfang bis zum Ende. So machen zumindest die Heilungsgeschichten den größten Teil der Erzählungen über Jesus aus. In der Regel sind es natürlich Wundergeschichten, aber da geht es auch nochmals um etwas anderes als nur die Heilung, nämlich dass Jesus das Leiden sieht und versteht. So hatte man sich bei der gekrümmten Frau oder dem blinden Bartimäus an deren Schicksal gewöhnt und sie übersehen. Aber Jesus lässt sich aufhalten und lässt sich auf deren Leidensgeschichte ein und hilft. Schließlich ist das auch etwas, was wir uns wünschen, wenn es uns schlecht geht: ein Arzt, der zuhört und aufmerksam ist und nicht nur nach Schema F handelt.
Jesus teilt das Leid und nimmt die Schmerzen auf sich. Am Ende am Kreuz nimmt er gar das Leid, den Schmerz der ganzen Welt auf sich, um sie zu erlösen.
Ein etwas kurioses Geschenk ist wohl der rote Faden, mit dem er uns den Weg zeigt. Schließlich hat Jesus auch von sich gesagt, dass er der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Er führt uns zum himmlischen Vaterhaus. An Silvester habe ich schon in der Predigt vom roten Faden in den Schiffstauen der englischen Flotte berichtet, der in diesem Fall jedoch mehr die Eigentumsverhältnisse anzeigt. Hier ist wohl an einen anderen Faden gedacht, nämlich den Ariadne-Faden. Dazu müssen wir einen Ausflug in die griechische Mythologie machen. Der kretische König Minos forderte jedes Jahr 2 Kinder von den Griechen als Opfer und Tribut, die dem Minotaurus gebracht wurden, einem Ungeheuer das in einem Labyrinth oder Irrgarten hauste. Der griechische Held Theseus machte sich auf, dieses Ungeheuer zu töten, was ihm dann auch gelungen ist. Aber wie sollte er wieder aus dem Labyrinth hinausfinden? Da gab ihm die Königstochter Ariadne einen Faden mit zum Abspulen, an dem er leicht den Weg wieder zurück finden konnte.
Wer schon mal in einem Irrgarten unterwegs war, weiß, dass man durchaus schnell in Panik geraten kann. Überhaupt ist ein Irrgarten manchmal ein gutes Beispiel für unser Leben. Denn da geraten wir manchmal ebenfalls in Sackgassen oder stehen vor Weggabelungen und wissen oft nicht wie es weiter gehen soll. Da haben wir uns manchmal verrannt und keinen Plan, wie wir aus einem Schlamassel wieder hinausfinden sollen. Da stehen wir manchmal vor einer Menge von Entscheidungen und wissen nicht, welche richtig ist und uns weiter bringt.
Da ist es gut wenn wir einen Leit-faden haben, der uns Orientierung gibt, der uns Sicherheit und Vertrauen in schweren Lebenslagen verspricht. Einen Faden, der mitläuft und auf jeden Fall am Ende ans Ziel führt.
3 interessante Geschenke: Brot, das den Hunger stillt, ein Tuch, das die Schmerzen trägt und ein roter Faden für den Weg. Sicher sind sie nicht besonders wertvoll, aber sie geben diesem Kind Jesus eine Perspektive für sein Leben. Und im Grunde sind es genau die Geschenke, die Jesus uns schenkt, damit wir gut durchs Leben kommen. Er ist wie ein Tuch im Schmerz, ist wie ein Brot, das den Lebenshunger stillt und wie ein rettender Faden im Labyrinth des Lebens.
Pfr. Berthold Kreile